Isadora Duncan – Versuch einer Annäherung
Der Weg vom klassischen Ballett zum modernen Tanz des 20. Jahrhunderts
Eigenproduktion 2003
 Mit einer Collage in Bewegung und Wort unternimmt das Ensemble den Versuch, sich dem Leben und Wirken der Isadora Duncan, dieser Pionierin des Modernen Tanzes, anzunähern.
Ausgehend von Formen des klassischen Balletts, setzen sich die Darstellerinnen mit dem Weg der Tänzerin und Choreografin von ihrem Ausbruch aus konventionellen Tanzformen ihrer Zeit bis zum Aufbruch in die Anfänge des modernen Tanzes auseinander. Sie versuchen die Bewegungsideen der Duncan aufzugreifen und für sich erlebbar zu machen, in eigene Formen für den Zuschauer wiederzuspiegeln. Dabei werden auch biografische Splitter des bewegten Lebens dieser umstrittenen Persönlichkeit der Tanzgeschichte aufgegriffen.
Premiere 28. Mai 2003
Hauptpreis des Theaterwettbewerbs Prora 03
Eingeladen zum 25. Theatertreffen der Jugend 2004 in Berlin
Premierenbesetzung Janett Berg, Stefanie Brandt, Maria Budnik, Maria Dassing, Annika Dobbertin, Lisa Drescher, Anette Frank, Franka Klein, Stefanie Krüger, Stefanie Mahnke, Dörte Mans, Maria Mertens, Stefanie Reimann, Ulrike Reimann, Gesine Schulz, Svenja Springer, Pauline Walther
Violine Wenke Nitz
Spielleitung Silke Gerhardt
Dramaturgische Mitarbeit Anne-Kathrin Holz
Kostüme Pauline Walther
Video Carola Nicklich
Regie-Assistenz Marion Hirte
Licht-/Tontechnik Tobias Fischer / Anna Schulze
Presse
Jury der Berliner Festspiele
 „Wir sehen hier ein Tanztheaterstück, dass sich seinen Namen zum Programm macht und nicht nur den Namen, auch die Form, denn der Tanz selbst wird zum Thema. Sinnlich kommen sie daher, diese 16 jungen Frauen, die den Bewegungsformen der Künstlerin Isadora Duncan nachspüren, versuchen tänzerische Abläufe nachzuvollziehen und dabei eigene Körperlichkeit erkunden. Das Ballett steht hier nur noch für die bloße Form, versteinerte Fassade, die zur Leblosigkeit verkümmert ist. Nichts als Enge und Konvention, erstarrte Schranken, die unbarmherzig unverrückbar erscheinen. Doch dann der bacchantische Moment der Befreiung. Mit nacktem Fuß, der Erde berührt und Boden gewinnt und mit jedem Schritt alte Fesseln sprengt. Die Mädchen erzählen die Geschichte einer Grenzüberschreiterin, die Regeln bricht, auch um den Preis des Zerbrochenwerdens. Und doch steht sie auf wieder und wieder, quält sich, windet sich, wandelt in Schmerzen, um sich nicht zu verbiegen. Ein hoher Preis für die Freiheit, die auch Fluch ist und doch so scheint es, kann sie nicht anders – der Versuch sich selbst treu zu bleiben, hat Wert genug. Wie ein Geschenk scheint der Moment, wenn Körper und Geist zusammenfinden, der Tanz als Augenblick und flüchtiges Glück, das immer neu gesucht, stets anders gefunden werden muss. Die Spielerinnen greifen die tänzerischen Ideen der Isadora Duncan auf und versuchen sie für sich erlebbar zu machen, dabei schaffen sie es immer wieder auch von sich zu erzählen. Sie finden ihre eigene Mitte, die kein Punkt ist sondern eine Linie, lassen ihre eigenen Geschichten aufblitzen, zeigen ein Stück von ihrer Welt. Sie haben nie den Anspruch etwas darzustellen, das sie nicht sind. Sie nähern sich der Duncan an, aber tanzen für sich selbst. Sie benutzen jedoch nicht nur den Tanz als Darstellungsmittel, sondern erschließen auch andere Bewegungsmöglichkeiten, suchen nach einer Sprache, die wiedergibt was war, aber auch was ist. ‚Schön sein, heißt nicht glücklich sein.‘ Es ist ihnen wichtig nicht einfach nur etwas Hübsches zu zeigen – sie machen Theater.“
Martina Beitke
Festival-Presse „Schuld und Bühne“, 25.05.04
 „Die Türen zur WABE werden geöffnet, die Zuschauer betreten den Raum. Die Spielerinnen sitzen bereits mit dem Gesicht abgewendet vom Publikum auf der Bühne. Alle ganz in schwarz. Alle völlig regungslos, kein Zucken zu vermerken. Im Hintergrund die Videoprojektion einer Ballettaufführung. Ist es Schwanensee? Ich weiß es nicht, ich bin kein Ballettfreund. Ich mag solche Anfänge, das hüllt mich bereits beim Platznehmen ein, das Theaterspiel wird zu einer temporären Realität. Das Licht geht aus, geht wieder an. In der Mitte steht ein Mädchen mit weißem Tüllkleid. Es tanzt grazil, elegant. Verzaubert mich. Sie erstarrt. Drei weitere Tänzerinnen streben ihr nach. Und scheitern. Ballett ist grausam, schmerzhaft, gefährlich. All das erzählen uns Tänzerinnen während ihrer Ballettstunde. Eine Orgie der Fachausdrücke und Prozentangaben. 40-45 Stunden pro Tag Training, für eine Ballerina Normalität. Die Theatergruppe aus Schwerin erzählt uns die Geschichte von Isadora Duncan, einer Tanz-Revolutionärin. Inzwischen gute 70 Jahre tot, strahlt ihr Werk bis heute in die Gegenwart. Die Schweriner signalisieren diese Wirkung durch Videoleinwand. Ballettschülerinnen proben auch heut noch Isas Stil. Schade nur, dass man die Spielerinnen selbst in dem Video erkennt, denn für mich waren diese Menschen zum Zeitpunkt des Videos bereits lange tot. Die benötigte zweite Ebene des Stücks erleidet damit einen Einbruch. Kraftvoll agieren die (Ex-)Schülerinnen, sie zittern vor Muskelanspannung. Es tut sehr gut zu sehen, wie intensiv sie spielen. Feste Rollenverteilung gibt es keine, Isa trägt das weiße Kleid, Isa ist vielseitig. Isa wird bejubelt, Isa wird verachtet. Tanztheater ist Geschmackssache. Ich frage mich, ob die Schweriner ihren Tanz mit Theaterelementen ausbauen, oder ihr Spiel mit Tanz verzieren. Die Schweriner tanzen beeindruckend. Sie erzählen eine interessante Geschichte, von einer interessanten Frau, die ich vorher nicht kannte. Es ist modernes Tanztheater. Aber was ist Tanztheater? Gibt es überhaupt DAS Tanztheater, oder muss man differenzieren zwischen den unterschiedlichen Formen des Tanzes? Jazz, Ballett, Lateinamerikanisch. Ich will mir darüber keine Gedanken machen, will einfach die Bewegung auf der Bühne genießen, diese völlig andere Art zu spielen. Nicht jedermann kann damit etwas anfangen, manche verzaubern getanzte Geschichten, andere langweilen sich vielleicht. Für ihr Publikum machen die Schweriner tolles Theater. Sie bringen enorme physische und psychische Anstrengungen auf, um auf ihre ganz eigene Weise ihre Geschichte zu erzählen. Hier und da hatte das Stück noch Kanten, hier und da könnte man noch feilen, etwas verbessern. Aber irgendwas ist immer. Vielen Dank für einen abwechslungsreichen Tanztheaterabend, der mir noch lange positiv in Erinnerung bleiben wird.“
Sebastian